Warum der Hebammen-Aufnahmetest Sprachkompetenz und Raumvorstellung prüft
von Mo, Hebammenstudentin an der FH Joanneum Graz
In einem früheren Bericht von aufnahmeprüfung.at sagt eine Interviewpartnerin: „In meinen Augen liegt die Schwierigkeit im schriftlichen Aufnahmetest, da dieser in der Regel sehr wenig mit der gewählten Studienrichtung zu tun hat, sondern logisches Denkvermögen, sprachliche Kompetenzen und Allgemeinwissen abfragt.“
Durchaus Relevanz im Berufsleben
Ich bin jetzt kurz vor meinem Abschluss und finde, dass genau diese Dinge tatsächlich im Hebammenberuf eine irrsinnige Relevanz haben. Ohne logisches Denkvermögen oder die räumliche Vorstellungskraft (die ja auch geprüft wird), würde ich mir bei der gesamten Geburtsmechanik und in vielen vielen anderen medizinischen Bereichen nicht zu helfen wissen oder mir sehr schwer tun.
Ich könnte einen Roman darüber schreiben, wo und wann und wie eine Hebamme logisches Denkvermögen in Ausbildung und schlussendlich Ausübung ihres Berufes braucht, genauso wie alle anderen im medizinischen Bereich – denn teilweise ist die „Logik“ lebenswichtig, und da übertreibe ich nicht. Man kann also schwer behaupten, dass logisches Denkvermögen etc. mit dem Studiengang der Hebammen nichts oder nur wenig zu tun hat.
Auch Allgemeinwissen oder sprachliche Kompetenz – gerade diese beiden Aspekte erlauben es uns, uns individuell auf die Tausenden verschiedenen Persönlichkeiten, die sich meist in Ausnahmesituationen befinden, irgendwie einzulassen und zu versuchen, mit ihnen und für sie und ihre Babies zu arbeiten. Man fragt sich vielleicht, warum gerade Allgemeinwissen? Es ist doch so meine Lieben, wer sich zu unterhalten weiß, hat die Welt in der Tasche. Egal ob über Themen im Bereich des Allgemeinwissens (wobei die Definition und Inhalte hierbei ja ständig Diskussionsstoff sind, genauso wie die Relevanz überhaupt und auch ich da keine Ahnung habe, was dazugehört und was nicht und ob ich da sonderlich „kompetent“ bin) oder einfach nur die Art und Weise, wie man sich unterhält, wie man reagiert, wie man sich ausdrückt (und das am besten ständig auf die einzelne Person angepasst) – all das spielt eine riesen Rolle bei uns.
Die Flexibilität ist hier A&O und wie kann man flexibel sein, wenn man nicht logisch über die jetzt notwendige Kommunikationsart nachdenken kann und die Situation korrekt „beurteilt“? Logik gehört zur situationsangepassten Flexibilität und Kommunikation dazu. Und über je mehr man reden kann, desto flexibler kann man sein.
Wenn man all die Dinge, die beim Reihungstest geprüft werden, zusammennimmt, macht das einen irrsinnigen Sinn, dass diese Teile zur Prüfung gehören. Wenn man dann 3 Jahre in diesem Studiengang sitzt und die Lehrmethoden und Arbeitsmethoden kennengelernt hat, weiß man, warum man durch die Hölle dieses Reihungstests gehen musste. Ich muss ehrlich sagen, ich konnte lange Zeit nicht nachvollziehen, warum gewisse Dinge Bestandteil der Prüfung waren – JETZT kann ich es verstehen und in manchen Situationen, in denen ich heute handeln muss und diagnostizieren muss oder untersuchen muss, fallen mir einzelne kurze Momente (seien es nur Sekunden, wie Flashbacks) und Aufgabenstellung aus dem Reihungstest wieder ein… Und ich muss schmunzeln, weil ich damals dachte „So ein Mist, wer braucht denn so was?“
Kritik am Test
Das einzige, was ich an dem Test bemängeln würde, ist, wie auch bei jedem anderen Test, dass es grundsätzlich von der Tagesverfassung eines jeden einzelnen Menschen abhängt, wie man solch eine stundenlange Prüfung übersteht. That’s all. Das ist für mich eine Ungerechtigkeit, die man nicht korrigieren kann. Jede/r hat mal gute und schlechte Tage und daher sagt der Test grundsätzlich womöglich nicht viel über die eigentliche Eignung für einen Beruf aus, da er eine Momentaufnahme ist. Aber irgendwie müssen sie ja selektieren… leider.